Europa ist für mich ein Miteinander
Europa – dazu fällt mir eine Menge und irgendwie nichts Konktretes, Fassbares ein. Es ist sehr abstrakt und facettenreich, es gibt so vieles zu sagen und zu berücksichtigen, zu bedenken oder zu fragen. Trotzdem will ich versuchen für die Blogparade #SalonEuropa von Burg Posterstein und Tanja Praske ein paar kleine Gedanken zu formulieren. Sie werden sicher einiges unberücksichtigt lassen, das es eigentlich wert wäre, berücksichtigt zu werden. Es sind eben kleine Ansätze.
Denn allein die Herangehensweise stellte mich vor Herausforderungen. Vielleicht eine historische Perspektive? Eine persönliche? Naja, mal sehen, wo wir am Ende herauskommen…
Zunächst einmal fällt mir bei Europa ein Gebilde ein, das vielmehr die EU und den Schengenraum meint. Ich weiß noch, wie ich als Kind mit meinen Eltern und meiner Schwester in Österreich im Urlaub war (etwa Mitte der 1990er Jahre) und einen Tagesausflug nach Ungarn unternehmen wollten. An der Grenze kamen wir nicht weiter, da meine Eltern leider die Kinderausweise der beiden Kinder vergessen hatten. Okay, ohne Vorbereitung kann man also nicht überall hin, merkte ich mir. (Wir hatten einen ganz wunderbaren Tag in Österreich, aber irgendwie blieb es hängen.)
Als im Jahr 2004 zehn Länder Osteuropas der Europäischen Union beitraten, war ich einige Tage später zufällig auf Klassenfahrt in Berlin und irgendwie herrschte eine sehr positive Stimmung. Ich kann gar nicht genau sagen, warum. Als ich im Jahr darauf aber nach Prag fuhr, zeigte sich, dass noch nicht alle Regelungen überall gelten. Tschechien gehörte zwar offiziell zur EU, aber nicht zum Schengen-Abkommen und so warteten wir im Reisebus eine Stunde, bis alle Pässe kontrolliert waren. Der Urlaub selbst war auch ganz wunderbar, aber auch da blieb zunächst hängen, dass wir warten mussten.
Aber es geht auch anders herum. Als ich 2005 nach Konstanz zog, stand ein Zaun an der Grenze. Zwischen Konstanz und dem Nachbarort Kreuzlingen verläuft die deutsch-schweizerische Grenze. Aber er wurde bald darauf abgerissen und durch Kunstwerke ersetzt. Heute stehen dort 22 Skulpturen des Künstlers Johannes Dörflinger Das hat etwas Freundliches, Verbindendes. Nicht nur, weil man ständig die Seite wechseln kann, wie man möchte. So wird auch dazu eingeladen, den Grenzbereich (und damit das Land auf der anderen Seite) zu besuchen. Ich mag dieses Verbindende und finde es gut, wenn es betont wird. Die Möglichkeit geben, sich zu begegnen und auszutauschen. Etwas neues kennenzulernen. Konstanz und Kreuzlingen verknüpfen sich aber auch durch gemeinsame Aktionen, wie den einmal jährlich stattfindenden Flohmarkt. Während man an den einzelnen Ständen entlang spaziert, ist man plötzlich in der Schweiz und umgekehrt, ohne, dass es groß auffällt. Damit wird für mich wieder eher das Gemeinsame und miteinander betont. Darauf sollten wir uns häufiger und intensiver besinnen, denke ich.
Dieses Miteinander und das friedliche Zusammenleben mag ich sehr. Wenngleich es nicht immer für alle galt. In Kroatien sind die Überreste des Bürgerkriegs noch sichtbar. Die Aussage, dass seit über 70 Jahre Frieden herrsche, ist also nicht für alle richtig. Ohne, dass ich die Leistung schmälern wollen würde. Es ist nicht selbstverständlich, dass der große Teil des Kontinents so lange ohne Konflikte auskommt und immer enger zusammenrückt. Vielmehr würde ich es als eine wichtigen Prozess bezeichnen, der bei Weitem noch nicht abgeschlossen ist, sondern für diese Idee muss ständig neu gearbeitet werden. Und er sollte nicht an den Grenzen der Europäischen Union enden. Und auch nicht an den Grenzen des Kontinents Europa.
Womit wir auch bei den negativen Erscheinungen wären. Es ist schade, dass die Idee des offenen Miteinanders nur innerhalb eines bestimmten Raumes gilt. Und wer dazu gehört, entscheidet dieser Raum selbst. Für alle außerhalb gelten strikte Regeln, die es schwierig machen, teilzuhaben. Ich würde mir wünschen, hier eine andere Lösung zu finden, eine sinnvolle und menschenwürdige.
Hallo Lisa,
herzlichen Dank für deinen Blogpost, der so schön ein ambivalentes Stimmungsbild spiegelt, das bestimmt viele Menschen so wahrnehmen. Ich finde es ganz wichtig, was du zum Schluss betonst: Ein offenes Europa ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist ein ständiger Prozess, wir müssen uns dafür anstrengen. Und wenn wir das hinbekommen, sollten wir vielleicht auch über Europa hinausdenken.
Viele Grüße,
Marlene Hofmann
Liebe Lisa,
merci beaucoup für deine persönlichen Gedanken zum #SalonEuropa! Die Blogparade schälte bislang bestimmte Stichworte heraus, dazu zählen Freiheit, Demokratie, Vielfalt, Frieden, respektvolles Miteinander. Ja, lass uns Grenzen im Kopf abbauen und verbindende Elemente finden. Das ist jetzt wichtiger denn je und dazu trägt die Blogparade mit euren Gedanken bei. Mal schaun‘, wie es sich weiterentwickelt.
Herzlich,
Tanja