Mythos Neue Frau hinterfragt
Beeindruckt war ich vor allem von den unzähligen Objekten in der Ausstellung „Mythos Neue Frau“ im LVR Industriemuseum Euskirchen. Die Wechselausstellung zeigt, wie dieser Mythos einer „neuen Frau“ entstehen konnte und welche Veränderungen die Gesellschaft – insbesondere im Bereich Mode – Anfang des 20. Jahrhunderts auszeichnen.
Direkt im Eingang sind Charleston-Kleider bzw. festliche Kleidung zu sehen, die zunächst das weit verbreitete, heutige Bild repräsentieren. Die Zeit der 20er Jahre – schillernd und geprägt von Bubikopf und Charleston, Schmuck und Handtaschen Hüte und Zigarettenspitzen.
Im weiteren Verlauf der Ausstellung wird dem ein vielseitigeres Bild gegenübergestellt. Ausgehend von Ende des 19. Jahrhunderts und der Mode wird gezeigt, wie stark sich die Kleidung wandelte. Und das anhand vieler Kleider bzw. Anzüge, die die Vielfalt zeigen sollten. „Sans-Ventre“ wurde gezeigt, Hochzeitskleider ebenso wie das Korsett. Die als ideal geltende Taille war dabei etwa 45 cm. Erreicht wurde dies mit dem erwähnten Korsett, das aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts an Bedeutung verliert.
Von dort ging es weiter in die Zeit des Ersten Weltkriegs, die sich vor allem durch einen Mangel an vielen Materialen auszeichnete. Auch werden weniger Farben getragen und die Kleidung ist vielfach schlichter. Mit den 20er Jahren werden vielfältige Freizeitaktivitäten gezeigt, die ebenfalls die Mode der Zeit beeinflussen. Tennis, Schwimmen und Fahrrad fahren standen dabei im Fokus. Die Kleidung der 20er Jahre ist dabei wenig tailliert. Und immer waren mehr als ein Outfit der Zeit zu sehen, zeitweise unterstützt durch großformatige Fotos und Bewegtbild. Objektschilder geben kurze Informationen und manchmal überraschende Geschichten.
Und natürlich steht die Mode im Fokus, aber auch andere Erscheinungen bzw. Erfindungen , wie das Fahrrad oder das Auto bzw. die Straßenbahn, spielten eine Rolle. Denn auch sie haben Auswirkungen auf die Mode.
Zu Beginn der Ausstellung gab es eine Mitmach-Station, leider zog sich die Idee nicht durch – oder sie waren nicht als solche erkennbar. Insgesamt war es eine Ausstellung, in der vermehrt passiv konsumiert wurde und man als Besucherin und Besucher wenig aktiv teilnehmen konnte. Trotzdem hat sie mich durch die zahlreichen Objekte insbesondere in Form unzähliger Kleider und Kostüme der jeweiligen Zeit beeindruckt. Sie zeigte auch, dass die „Neue Frau“ eben vielfach ein Mythos war, dass die Veränderungen der Mode zwar deutlich sichtbar, aber eben vielfältiger als „nur“ zum Charleston-Kleid waren. Dieses war für die meisten wohl nicht Teil der eigenen Veränderung.